leitungswasser

Leitungs­wasser

Leitungswasser ist ein regionales Produkt und daher von unterschiedlicher Qualität und Herkunft. Mit Herkunft ist zum einen die Region gemeint, die sich u.a. durch Bodenbeschaffenheit und Regenhäufigkeit auszeichnet und damit die Beschaffenheit des Wassers vorgibt. Zum anderen nutzen die regionalen Wasserversorger unterschiedliche Quellen (Grundwasser, Uferfiltrat oder Oberflächenwasser) als Rohwasser. Dabei wird in der Regel Oberflächenwasser deutlich stärker von den Umgebungsnutzungen (Industrie, Landwirtschaft) beeinflusst und ist daher eher mit Schadstoffen belastet als Grundwasser. In Hinblick auf schädigende Stoffe und Mikroorganismen wird die Qualität des Leitungswassers durch die Trinkwasserverordnung geregelt, andere gelöste Stoffe, wie z.B. Mineralien geben jedoch jedem Wasser seinen ganz eigenen Geschmack.

Herkunft des Leitungswassers in Berlin

In Berlin sind die Berliner Wasserbetriebe für die Versorgung des gesamten Stadtgebiets verantwortlich. Die Trinkwassergewinnung erfolgt mit etwa 800 Tiefbrunnen die zu sogenannten Brunnengalerien zusammengeschlossen sind, aus 30 bis 170m Tiefe. Zum Schutz der Wasserqualität im Bereich der Brunnen sind Wasserschutzgebiete gesetzlich festgelegt. Diese umfassen auch einen großen Teil des Berliner Stadtgebietes. Das geförderte Rohwasser wird durch die Oxidation mit Luftsauerstoff und anschließendes Abfiltrieren von Eisen befreit und anschließend über das Rohrleitungsnetz verteilt. Zurzeit betreiben die Berliner Wasserbetriebe 9 Wasserwerke, die Berlin und einzelne Gemeinden des Umlands versorgen. Alle Berliner Wasserwerke fördern ausschließlich Grundwasser. Dieses bildet sich jedoch nicht vollständig auf natürlichem Wege neu. Die natürliche Grundwasserbildung kann nur 30 % zum geförderten Trinkwasser beisteuern. 10% werden durch künstliche Grundwasseranreicherung im Bereich der Wasserwerke Spandau, Tegel und Stolpe mit vorgereinigtem Havelwasser bzw. Wasser aus dem Tegeler See erhalten. Die restlichen 60% des geförderten Wassers werden aus Uferfiltrat gewonnen. Dabei erzeugen Brunnen in Ufernähe einen Sog, der bewirkt, dass Oberflächenwasser durch Sand und Kies in die Tiefe sickert und dort gefördert werden kann. Dieser Prozess filtert einen großen Teil der Schadstoffe aus dem Oberflächenwasser, allerdings nicht so gründlich, wie bei der natürlich langsamen Bodenpassage zur Grundwasserneubildung. Der Anteil an Uferfiltrat ist für die verschiedenen Wasserwerke unterschiedlich. So werden im Wasserwerk Tegel 80% des Trinkwassers über Uferfiltrat und 20% aus Grundwasser gewonnen, im Wasserwerk Kaulsdorf dagegen werden 100% Grundwasser genutzt. Der große Anteil an Uferfiltrat im gewonnenen Berliner Trinkwasser zeigt, dass die Wasserversorgung in Berlin stark von den großen Zuflüssen Havel und Spree und deren Wasserqualität abhängig ist, welche wiederum durch die Reinigungsleistung der Berliner Klärwerke beeinflusst wird.

 

Quellen:

  • Wasserversorgungskonzept BWB und Senat; Webseite BWB; Broschüre Natürlich Wasser BWB, UBA Bericht, Qualität von Wasser zum menschlichen Gebrauch (Trinkwasser), Anfang 2008 bis Ende 2010

Qualität des Leitungswassers

Die Qualität des Leitungswassers wird an der Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001) und der Einhaltung der dort vorgegebenen Grenzwerte gemessen. Ein Bericht über die Einhaltung dieser Grenzwerte muss laut Trinkwasserrichtlinie (TW-RL) jedes EU-Mitglied alle drei Jahre für die Verbraucher/innen veröffentlichen. Der vom Bundesministerium für Gesundheit und dem Umweltbundesamt vorgelegte Bericht (2008 bis 2010) zeigt hier, dass das Trinkwasser aus den großen Wasserversorgungsanlagen überwiegend eine gute bis sehr gute Qualität aufweist, d.h. dass die Grenzwerte der meisten Parameter zu über 99% eingehalten wurden. Für Berlin kann ergänzend hinzugefügt werden, dass das Berliner Leitungswasser praktisch kein Uran enthält, damit den 2011 neu eingeführten Grenzwert also deutlich unterschreitet und aus dieser Hinsicht sogar für Säuglinge geeignet ist.

 

Die häufigsten Grenzwertüberschreitungen gab es bei einzelnen Pestiziden (1-3 % der Messungen). In Baden-Württemberg (hauptsächlich Metabolite, also Abbauprodukte von Pestiziden), Bayern (z.B. Atrazin) und Schleswig-Holstein (z.B. Desphenylchloridazon) traten diese jeweils in einigen Regionen auf, wobei die nachgewiesenen Pestizide schon nicht mehr in Gebrauch sein dürfen. Ein weiteres Problem in ländlichen Regionen war Nitrat aus Düngemitteln, wobei die Grenzwertüberschreitungen bis zum Jahr 2010 aufgrund verbesserter Aufbereitungstechniken auf nahezu 0% abgesunken sind.

 

Weitere wichtige Qualitätsparameter beziehen sich auf den Nachweis bestimmter Bakterien.  Coliforme Keime beispielsweise stellen nicht zwingend eine direkte Gesundheitsgefahr dar, sind aber ein Zeichen für eine akute Verschlechterung des Wassers. In 3% (Rohwasser) bzw. 0,7 % (Wasser beim Verbraucher) der Untersuchungen gab es hier Grenzwertüberschreitungen. So z.B. auch 2011 in Berlin, als vermutlich überdurchschnittliche Regenfälle Keime aus oberflächennahem Wasser in den Bereich des Spandauer Wasserwerks gespült haben.

 

Zusätzlich kann sich die Qualität des Leitungswassers im Rohrleitungsnetz ändern. Dabei ist der Wasserversorger für die Einhaltung der Grenzwerte bis zu den Haus- bzw. Wohnungsanschlüssen (Wasseruhr) verantwortlich. Für die Ausführung der Hausinstallation nach den anerkannten Regeln der Technik ist der Haus- bzw. Wohnungsbesitzer verantwortlich. Hierbei ist zu beachten, dass nicht alle Leitungsmaterialien für jedes Trinkwasser zugelassen sind. Bei bestimmten Wassereigenschaften darf z.B. kein Kupfer eingesetzt werden, da zu viel Kupfer ins Wasser gelöst werden würde. Unabhängig von den zugelassenen Materialien sind in geringem Umfang immer noch veraltete Bleileitungen in Gebrauch. Wasser aus Bleileitungen sollte lt. Empfehlung des Umweltbundesamtes selbst dann nicht zum Trinken oder Kochen verwendet werden, wenn die Grenzwerte nach TrinkwV eingehalten werden. Das gilt ganz besonders für Schwangere und kleine Kinder. Für alle anderen Rohrleitungsmaterialien lautet generell die Empfehlung, das Wasser stets gründlich ablaufen zu lassen, wenn die letzte Entnahme länger als vier Stunden zurückliegt. Armaturen sind übrigens eine nicht zu unterschätzende Quelle verschiedener Schwermetalle. Sie sind üblicherweise aus Messing, welches neben den Hauptbestandteilen Kupfer und Zink auch Zinn, Blei, Aluminium, Nickel, Eisen, Arsen und Mangan in kleinen Mengen enthalten darf. Daher ist es sinnvoll, Standwasser aus der Armatur nicht zum Trinken oder Kochen zu verwenden.

 

Quellen:

  • UBA Bericht, Qualität von Wasser zum menschlichen Gebrauch (Trinkwasser), Anfang 2008 bis Ende 2010, Pressemitteilung BWB 5.8.2008, Pressemitteilung Berliner Wasserbetriebe 18.8.2011, Messing in der Trinkwasserinstallation – DIN 50930 Teil 6 von 2004)

Probleme für das Trinkwasser

Der größte Verschmutzer ist die Landwirtschaft, deren Verunreinigungen (Nitrat, Phosphat, Uran,  Pflanzenschutzmittel) in ländlichen Gegenden häufig großräumig und langfristig das Grundwasser und damit auch das Trinkwasser beeinflussen. Die Belastungen des Grundwassers durch Pflanzenschutzmittel werden seit 1989 systematisch erfasst und zeigen insgesamt keine Verringerungen. Uran wurde erst 2011 mit einem Grenzwert in die Trinkwasserverordnung aufgenommen. Hierfür gibt es gegenwärtig für die Wasserwerke kaum Möglichkeiten zur Entfernung durch Filteranlagen, stattdessen wird das Verschneiden des Wassers empfohlen.

 

In Gegenden, in denen Industrie vorhanden ist oder war, wie z.B. in Berlin, ergeben sich andere Probleme. Häufig gibt es Altlasten teilweise noch aus Kriegszeiten von zerstörten Chemiebetrieben oder Gütertransporten. Diese bilden Schadstofffahnen in einzelnen Grundwasserleitern. Es erfordert großen Aufwand, mittels Abwehrbrunnen oder spezieller Aufbereitung im Wasserwerk, diese Schadstoffe nicht in das Trinkwasser gelangen zu lassen.

 

Ein Thema, welches immer mehr Menschen beschäftigt, sind Arzneimittelrückstände im Trinkwasser. Schon seit 20 Jahren werden diese im Oberflächenwasser und inzwischen auch im Trinkwasser nachgewiesen. Dabei sind für Humanarzneimittel zwei Eintragspfade bekannt. Zum einen wird der Großteil der eingenommenen Medikamente unverändert aus dem Körper ausgeschieden, zum anderen werden immer wieder Medikamente unsachgemäß über die Toilette entsorgt. Diese Medikamentenrückstände werden auch im Klärwerk und in der Natur nicht immer vollständig abgebaut. Da für die Zukunft aufgrund des demographischen Wandels eher ein Anstieg von verwendeten Medikamenten zu erwarten ist, gab es bereits Fachgespräche mit Maßnahme Empfehlungen zur Reduktion des Eintrags von Arzneimitteln. Es wurde auch ein gesundheitlicher Orientierungswert für Arzneimittelrückstände (0,1µg/l) erarbeitet, der bisher auch nicht überschritten wird. Ein Grenzwert ist aufgrund der Komplexität der Stoffgruppe jedoch nicht zu erwarten. Allerdings sind sich die Fachleute darüber im Klaren, dass es aufgrund der großen Verbreitung von Arzneimitteln nicht mehr möglich ist, das Trinkwasser vollkommen frei von Chemikalien zu halten.

 

Im Zusammenhang mit der Erforschung der Auswirkung von künstlichen chemischen Stoffen auf die Wasserökologie treten immer neue Probleme zutage. Gesichert ist inzwischen, dass nicht nur bestimmte Arzneimittel, sondern auch andere chemische Stoffe auf das hormonelle System von Tieren und Menschen wirken können. Ein Beispiel dafür ist die östrogenähnliche Wirkung von BPA (Bisphenol A), einem weitverbreiteten Kunststoffbestandteil, der z.B. auch aus bestimmten Kassenbons und anderen Thermopapieren abgegeben wird. BPA führt bei aktuell gemessenen Konzentrationen in Gewässern zu einer Verweiblichung bei Fischen und hat Auswirkungen auf das Herz. Ein anderes Problem sind die sogenannten Kombinationseffekte, diese zeigten sich Wissenschaftlern, die einen Zufluss zum Bodensee, die Schussen, näher in Augenschein nahmen: obwohl alle Schadstoffkonzentrationen im Wasser die gesetzlichen Grenzwerte unterschritten, zeigten die Fische eine langsamere Entwicklung der Embryos, einen reduzierten Herzschlag, vermehrt Ödeme und vermehrt Fehlbildungen der Augen. Ein weiteres Problem stellt der bei Umwelthormonen bekannte Niedrigdosiseffekt dar. Das bedeutet, dass Stoffe in unglaublich geringen Mengen (z.B. 1 Trillionstel Gramm) eine Wirkung zeigen, die sogar größer sein kann, als bei einer größeren Konzentration des Stoffes.

 

Alle aufgeführten Probleme machen deutlich, dass die einzig effektive Strategie für eine sichere Trinkwasserqualität darin besteht, die Verunreinigung der natürlichen Wasserresourcen zu verhindern. Da diese Erkenntnis nicht von heute auf morgen umsetzbar ist, benötigen wir Ersatzlösungen, wie z.B. den Einsatz von Wasseraufbereitungsanlagen im eigenen Haushalt.

 

Quellen:

  • Grundwasser in Deutschland, Reihe Umweltpolitik, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), August 2008
  • Wasserversorgungskonzept BWB und Senat
  • Maßnahmeempfehlung HAMR, Empfehlung UBA 30.08.2011
  • Handlungsmöglichkeiten zur Minderung des Eintrags von Humanarzneimitteln und ihren Rückständen in das Roh- und Trinkwasser; Statusbeschreibung und Empfehlungen aus einem Fachgespräch, das UBA und das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) am 21./22. Januar 2010 in Berlin auf Anregung des Bundesministeriums für Gesundheit (Ref324) durchführten
  • Chemie im Wasser – die unsichtbare Bedrohung, Fernsehdokumentation von Peter Podjavorsek 2012